Flirtcoaches

So bekommst du jede Frau...

Nie gab es Menschen im Internet, die auf der einen Seite so gefeiert wurden, weil sie einfach recht haben und auf der anderen Seite so gehasst wurden, weil armselige Hunde. Nun, wie ist die Realität? Wie immer, nicht ganz so offensichtlich, wie man meint.

Zunächst mal Folgendes: Das Phänomen der Flirtcoaches ist wohl eine Sache der "First World". Wo sonst würden Menschen lieber solche Leute auf YouTube, in Blogbeiträgen oder Seminaren besuchen, als hier. Viel Zeit, die aber nicht in Knüpfen realer Kontakte investiert wird, sondern lieber in die Information, wie ich denn meine Geliebte rumkriege.

Na, was ist der Trick? Oder die Masche?

Beginnen wir bei uns. Wir sind verliebt, und Verliebtheit ist bekanntlich (Wikipedia) ein psychisches Mangelgefühl, das gut und gerne mal durch eine glückliche und romatische Beziehung erfüllt werden kann. Jetzt erschafft uns die heutige technologisierte Welt sogleich eine Herausforderung: Sie (generell) ist hübsch, wirkt vielleicht auf Insta & Co. perfekt, wir sind nur einfache Leute. Wir glauben, dass es unmöglich sei, an diese Frau heranzukommen, sie gar davon zu überzeugen, dass wir mit ihr eine Beziehung wollen. Denn sie hat die alleinige Gewalt darüber zu entscheiden, ob sie uns mag oder nicht.

Das ruft die sogenannten Flirtcoaches auf den Plan. Wir haben ein Problem, sie haben die Lösung. Vermeintlich wissen sie alles über Frauen, haben selbst viele weibliche Freunde/Beziehungen und geben vor, auch dir dabei zu helfen.

Funktionsweise der Flirtcoaches

Aus der männlichen Perspektive haben wir folgende Situation:

Was dabei immer wieder im Texten und Videos auffällt: Es geht um das Ziel Härte. Männlichkeit wird synonym verwendet. Nur sind wir nicht im Sozialdarwinismus. Trotzdem spielen genügend Männer dieses Spiel des extremen und sehr kurzfristig gedachten Wettbewerbs mit, um etwas zu erreichen.

Wir wollen etwas tiefer einsteigen. Was zeichnet Misserfolg und Erfolg nach der Meinung der Flirtcoaches aus?

Beginnen wir bei den Verhaltensweisen, die auf jeden Fall zur Katastrophe führen: Ein Nice-Guy sein. Darunter wird verstanden, übermäßig freundlich zu sein, die Wünsche des anderen an erste Stelle zu stellen und damit (mit einem Ziel im Hinterkopf) bedürftig zu wirken.
Welche Eigenschaften einen Versager ausmachen? Ganz klar: Er hat Angst vor Ablehnung (Folge von Verliebtheit), zögerlich und verzweifelt, traurig und einsam und sowieso emotional instabil. Dabei sind es eben solche Leute, die vielleicht nicht ganz selbstsicher sind und sich dann in einem oder anderen Punkt identifizieren. Systematisch werden solche Eigenschaften mit derartigen Texten geradezu lächerlich gemacht, "Hauptsache du bist nicht okay, so wie du bist". [Zitat aus Simplicissimus' Flirt-Coach Video]

Und weil wir diese Eigenschaften besitzen wollen, weil wir ja gut ankommen wollen, haben Flirtcoaches gleich eine Lösungspalette parat. Wir brauchen, und da sind sich alle einig, Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein und ein Selbstwertgefühl. Wo die Meinungen auseinandergehen, ist durch Investitionen zu überzeugen: Blumen, ja, nein? Bezahlen, ja, nein? Die einen sagen, dann wäre man ein Nice-Guy, andere sagen, dann kann man wenigstens was erwarten. Ein häufig genannter "Trick" ist, sich rar zu machen. Schreib ihr nicht gleich zurück, häng mit anderen Frauen ab, sei extrem schwierig zu erreichen.
Das Ganze wird noch extremer, wenn Worte der Übertreibung verwendet werden, wie: brutal, fatal, ewig, ständig etc. Die Flirtcoaches versprechen Erfolg bei jeder(!) Frau und schrecken nicht davor zurück in klassische Geschlechterrollenbilder zu verfallen, die sie selbst verteufeln. Sie arbeiten mit oberflächlichen Eigenschaften, die es sich anzueignen gilt, weil sie scheinbar einfacher zu erreichen sind: Fitness, Charisma, Wohlstand, Attrraktivität. Muss ich denn wirklich mein ganzes Leben nach dieser Frau ausrichten?

Genug des Wahnsinns

Flirtcoaches nutzen systematisch die Lage ihrer "Klienten" für ihre Zwecke. Das Problem an der Sache: Wir müssen eigentlich erst wissen, was richtig und falsch ist, um zu entscheiden, ob das, was die Flirtcoaches sagen, wahr oder Unfug ist. Nur funktioniert das nicht ganz (redundantes Logikproblem!).

Sind wir also auf verlorenem Posten? Keineswegs.

Fangen wir bei dem an, was wir wissen. Und das wäre?
Verliebtheit erzeugt/sind Gefühle, die befriedigt werden wollen, wir es aber nicht können. Das führt uns zu Angst und Unsicherheit. Wir wissen nicht, was wir tun sollen, wie wir uns verhalten sollen, um unser Gegenüber für uns zu gewinnen. Im Umkehrschluss: Wir hätten gerne mehr Mut und Selbstvertrauen (und das wollen wir doch alle, auch die Flirtcoaches), um die Situation zu meistern. Wie kommen wir zu mehr Mut und Selbstvertrauen? Indem wir wissen, wie es funktioniert.

Fangen wir also an uns (Literatur-)Wissen anzueignen und unsere Kompetenz zu stärken, wie man mit Menschen richtig umgeht, macht uns das Mut und wir erreichen unsere Ziele. Wir dürfen aber vor lauter Emotionen keinen Tunnelblick bekommen. Die Frage ist: Kontrollieren wir unsere Emotionen oder kontrollieren wir sie.

Menschen, in die wir verliebt sind, sind in erster Linie immernoch Menschen. Verstehen wir, dass soziale Kenntnisse und deren Anwendung zusammen mit emotionaler Kompetenz auf ein langfristigeres Ziel ausgerichtet sind, nämlich, dem sozialen Miteinander, sind wir deutlich besser aufgestellt als nur unserer Liebe hinterherzurennen.
Eine (Liebes-)Beziehung ist nicht das Ziel, sondern die Folge erfolgreicher, persönlicher Kontakte. Übernehmen wir also lieber Verantwortung und trainieren unsere zwischenmenschliche Fähigkeiten, wie Vertrauen und Respekt, Empathie und Wertschätzung, statt Zeit bei den Flirtcoaches zu vergeuden.


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