Schüchternheit

Eingrenzung und Abgrenzung von Schüchternheit

Schüchternheit haben laut Statstiken (Bild) wohl 40 - 50 % der Deutschen. Das ist keine unerhebliche Zahl vom Menschen, die es meiner Ansicht nach hätten einfacher und besser haben können, wenn sie sich überwinden könnten. Ich will in diesem Beitrag untersuchen, was es mit Schüchternheit auf sich hat und wieso es sich lohnt, Schüchternheit zu überwinden.
Dazu zunächst eine Definition. Als Schüchternheit bezeichnet man die Reaktion eines Menschen durch Verunsicherung auf eine nicht vertraute Person bzw. soziale Umgebung. Schüchternheit ist eine Ausdrucksform von (sozialer) Angst.

Schüchternheit, in etwas weiter gefassten Sinne, kann in verschiedenen Situationen auftreten.
So ist die Liebesschüchternheit (Love-Shyness) bekannt als Angst vor allem, was mit den Folgen von Verliebtheit zu tun hat, Stichwort Verlustangst. Dabei herrschen starke Rollenstereotype vor, wie zum Beispiel, dass der Mann den "ersten Schritt" machen müsse und deswegen das Denken in eine Asymmetrie gerät (vermeintlicher Zugzwang). Aber ich kann beruhigen: Diese Art von Love-Shyness hat wenig mit der Schüchternheit zu tun, die man hat, wenn man ein nettes Mädchen ansprechen will, sie wird eher in Richtung des Autismus- bzw. Asperger-Syndroms eingeordet, womit sie eine Prävalenz von ca. 1,5 % aufweist.

Schüchternheut kann natürlich auch unter den sogenannten Absolute Beginnern (AB) auftreten. Nach engerer Definition gilt jemand als AB, wenn er/sie bereits 20 Jahre alt ist, noch keine Beziehungs- oder Sexualerfahrungen hat, und dies für schlecht befindet. Eine andere Definition lässt den letzten Faktor aus. Literatur zeigt, dass in diesem Zusammenhang vor allem fehlendes Selbstwertgefühl, unzureichende soziale Kontakte und Kenntnisse, falsche Vorstellungen einer Beziehung und Ablehnungsangst (Verliebtheit) eine Rolle spielen. Deswegen will ich sie hier im Zusammenhang mit Schüchternheit auch nennen.

Zur Entstehung von Schüchternheit

Die Entstehung von Schüchternheit beginnt schon früh. Diese kann als Temperament (Verhalten) angeboren sein, oder durch Erziehung entstehen. Das passiert mitunter im frühen Kindesalter. Während der Mensch dann neben den Eltern vor allem anderen äußeren Einflüssen wie der Peer-Group oder dem Internet ausgesetzt ist, verändert sich auch die Entwicklung hinsichtlich der Schüchternheit oder passt sich an "normale" Verhältnisse an.

In dieser Phase, die vor allem den Fokus in der Kindheit hat, entwickelt das Kind Strategien, um den richtigen Umgang von anderen zu lernen. Darunter zählen Akzeptanz der Umstände und des Selbsts, das Bewusstwerden des Selbsts, also das Erkennen der eigenen Stärken und Schwächen, und das Aufbauen sozialer Kompetenzen. Dies wird gelernt durch konkretes Nachfragen, aktives Zuhören, sowie kleinen, einfachen Schritten zur Verbesserung. (S3 = small simple steps, Jim Kwik)

Prozessschleife über Erfolg und Misserfolg

Kommen wir nun unter gewissen Voraussetzungen (siehe oben) in eine Situation, in der wir sozial gefragt sind, werden wir anhand früherer und gegebener Umstände entscheiden, ob ein Eingriff oder das Nutzen einer Gelegenheit sinnvoll erscheint oder nicht. Für Schüchterne ich es rational gedacht eine erstrebenswerte Sache, die mit Sicherheit positive Auswirkungen hätte, die soziale Komponente wird jedoch nicht genug geschätzt oder soziale Angst verhindert das Eingreifen. Zwei Fälle können eintreten:

Realität IST...

Wir sind im Teufelskreis der negativen sozialen Gefühle gefangen und versuchen nun da wieder rauszukommen. Das scheint zunächst sehr schwieirig. Die Zeitschrift PsychologyToday hat dazu in einer Studie untersucht, welche Strategien Menschen anwenden, um die Situation zu verbessern. Diese Strategien bezeichne ich (größtenteils) als 0-to-1-Strategien, denn fast alle zielen darauf ab, kurzfristige positive Ergebnisse zu erzeugen und nicht nach Gründen oder Urachen zu suchen und zu verstehen.

Zu diesen Strategien zählt Erzwungene Extraversion (67 % Häufigkeit). Diese Strategie wird beispielweise von Flirtcoaches vorgeschlagen, bei der man einfach versucht, Frauen/Männer auf der Straße anzusprechen. Das scheint zunächst eine simple Lösung zu sein, ändert meist an der Ursache aber nichts. Viele meinen auch, durch den Gang auf Partys die Schüchternheit loszuwerden.

Eine weitere Strategie ist neben dem Stuart Smalley Effekt, der besagt, dass man sich selbst vorspricht "I'm good enough, I'm smart enough, and doggone it, people like me.", die kognitive Modifikation (22 %). Dabei versucht man die Situation, ähnlich einer der Strategien der emotionalen Regulierung (Gross), so zu verändern, dass sie weniger schlimm erscheint oder man versucht, sich selbst einzureden, dass man sozial kompetenter wäre und die Situation meistern kann. Unsicherheit kann meistens aber nicht durch aufmunternde Worte nachhaltig verändert werden. Diese Fassade auf Dauer aufrecht zu erhalten, würde vermutlich mehr Energie kosten als dass es Nutzen bringen würde.

In der gleichen Größenordnung wie Lesen von Ratgebern (15 %), die zumindest bei Wissensvermittlung etwas beitragen, da es sich um Literatur handelt, ist die (nach dem Autor benannte) "Liquid Extraversion" (12 %). Wie man sich vielleicht denken könnte, handelt es sich dabei um die Ertränkung der (sozialen) Probleme oder Minderwertigkeitsgefühle in Alkohol oder ähnlichen kognitiv vernebelnden Substanzen, um die Ängste und Herausforderungen zu vergessen. Auch diese Form der 0-to-1-Strategie zielt nicht auf eine langfristig positive Umorientierung sozialer Fähigkeiten ab.

Mit der Verbreitung des Internets tritt heute auch noch die Electronic Extraversion auf. Wir können sie sehen, indem wir bemerken, dass ein und diesselbe Person im Internet oder auf sozialen Medien, wie WhatsApp oder Instagram sich ganz anders verhält als in der Realität. Die Vermeidung der Wirklichkeit, der Realität führt neben einem möglichen sozialen Rückzug aber auch dazu, dass einfachste soziale Umgangsformen verlernt werden. Jeder mag seine Vorteile daraus ziehen, ich halte das in Hinsicht auf die Idee, dass (reales) soziales Miteinander glücklich macht, eher für eine schlechtere Alternative. Ich will damit nicht sagen, dass es keine Erweiterung des bereits realen sozialen Umfelds sein kann. Die Grenze zu ziehen, fällt vielen aber alles andere als einfach.

...vs. Realität SOLL

Was also tun, um die Schüchternheit langfristig zu bewältigen?

Wir müssen zwei grundlegende Dinge verstehen.


Zu komplizierter Inhalt, unlogischer Satzbau oder neue Ideen?
λ (Lambda): Kommunikationsplattform des Komitees

Verwandte Artikel

Sozial · Sozialer Exponent · Überwissen

Zurück zum Seitenanfang · Zurück zur Startseite